Nachrichtenarchiv

Frischer Wind für Langerfeld

Das Quartiersbüro Tuhuus in Wuppertal-Langerfeld hat sich unter ASB-Mitwirkung trotz widriger Corona-Umstände zu einer Erfolgsgeschichte gemausert

StadtteiltreffTuhuus in LangerfeldBeratungsstelle

Das Quartiersbüro Tuhuus in Wuppertal-Langerfeld hat sich unter ASB-Mitwirkung trotz widriger Corona-Umstände zu einer Erfolgsgeschichte gemausert. Seine Angebote und Aktionen rund um das Thema Demenz stoßen auf immer mehr Resonanz.

„Wir schätzen, dass es zwischen 600 bis 700 Betroffene gibt. Hinzu kommen natürlich auch die Angehörigen“, beziffert Anke Kirchmann-Bestgen vom Quartiersbüro Tuhuus die Zahlen für Langerfeld. Bei der ASB-Mitarbeiterin und ihrer Kollegin Andrea Knoll von der Diakonischen Altenhilfe Wuppertal dreht sich in dem schönen Fachwerkhaus im Zentrum von Alt-Langerfeld alles darum, wie Seniorinnen und Senioren im Quartier ein lebenswertes Leben führen können.

„Tuhuus“ bedeutet in der bergischen Mundart so viel wie „Zuhause“. Und zu einem solchen soll Langerfeld für die älteren Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren besonderen Bedürfnissen noch mehr als bisher werden. Möglich machen sollen das u.a. Fahrdienste mit dem Quartiersbus, gemeinsame Mahlzeiten im Rahmen der Aktion „Auf Rädern zum Essen“ und Freizeitgestaltungen, Beratungs- und Präventionsangebote sowie kulturelle Veranstaltungen. Das Quartiersprojekt läuft noch bis Ende Juni kommenden Jahres. Zu den Zielen gehört auch, das oft noch mit Tabus behaftete Thema Demenz ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit zu bringen. Zudem sollen erkrankte Menschen sowie ihre Familien konkrete Unterstützung erfahren. Doch nicht nur deshalb hat man im vergangenen Juni das offizielle „Themenjahr Demenzfreundlichkeit“ ausgerufen.

 

Barrierefreiheit verbessern

Denn es gibt in Langerfeld noch viel zu tun. „Stichwort Barrierefreiheit. Die Topographie hier mit den vielen Hügeln macht es vielen nicht einfach, sich fortzubewegen. Eine Anbindung an den ÖPNV gibt es auf den Höhenlagen Ehrenberg und Hedtberg nicht und die Wege zu Behörden, Ärzten etc. sind oft lang bis nach Barmen oder Elberfeld“, schildert die Quartiersentwicklerin Andrea Knoll. Das grenze besonders ältere Menschen, die zwingend auf Hilfe angewiesen seien, aus. Angebote wie der Quartiersbus, z.B. mit Fahrten zum Impfzentrum in der Vergangenheit, würden deshalb gut angenommen. Aber zum Abbau von Barrieren gehört ebenso der Zugang zu Informationen. „Eine Sozial- oder Schuldnerberatung für Senioren hat ihre Arbeit bei uns im Tuhuus stundenweise aufgenommen. Denn viele Menschen wissen weder, dass sie Anspruch auf Unterstützung haben noch woher diese stammen sollte.“

Auch das Thema Digitalisierung habe großen Stellenwert. „Geplant sind Lernangebote, die die Leute fit für Smartphone, Notebook oder Online-Banking machen sollen“, blickt Anke Kirchmann-Bestgen nach vorne.  Darüber hinaus hat die Vernetzung der Bürgerschaft einen hohen Stellenwert. „Wir haben einen Runden Tisch „Senioren- Aktionsbündnis Langerfeld“ ins Leben rufen können, der sich in regelmäßigen Abständen trifft und Altersthemen bespricht. Damit bringen wir lokale Akteure wie bspw. Gewerbetreibende, Bürgerverein und Kirchengemeinden zusammen“, so Kirchmann-Bestgen. Es gehe Tuhuus auch darum, Impulsgeber für wirklich nachhaltige Strukturen zu sein, die Betroffenen das Leben dauerhaft erleichtern, ergänzt Andrea Knoll. „Damit füllen wir eine enorme Lücke hier im Stadtteil.“ Zusätzlich würde man mit kulturellen Aktionen immer wieder die Menschen vor Ort aktivieren, fügt Kirchmann-Bestgen hinzu.

 

Humor nicht vergessen

So wie im Frühherbst, als an vielen Orten in Langerfeld Bilder des bekannten Cartoonisten Peter Gaymann in humorvoller Weise auf das ernste Thema Demenz aufmerksam machten. Der Künstler zeichnet in der Reihe „Demensch“ Alltagssituationen von Menschen mit Demenz. Humorvoll, respektvoll und menschlich gelingt es ihm, Betrachter über die kleinen Schwächen seiner Protagonisten schmunzeln zu lassen. „In der Sparkassen-Filiale und bei den Geschäften sind wir offene Türen eingerannt, als wir fragten, ob sie bei unserer Ausstellung mitmachen wollten“, freut sich Kirchmann-Bestgen.

„Wir sind auf großes Interesse gestoßen, auf das man langfristig aufbauen kann“, ist sich die Langerfelderin sicher. Gaymann ließ es sich nicht nehmen, Ende September selbst auf einer vom Tuhuus organisierten Veranstaltung in der Bandfabrik live zu zeichnen und sich den Fragen des Publikums zu stellen. Anne Paweldyk, Geschäftsführerin des ASB Bergisch Land, war ebenfalls in der Bandfabrik dabei: „Mich berührt an den Cartoons von Peter Gaymann ganz besonders, dass er die Menschen mit Demenz stets selbst zu Wort kommen lässt. Sie erörtern ihre Lebenssituation selbst und steuern sie sogar“, schätzt sie die Herangehensweise Gaymanns. Der gebürtige Schwarzwälder mache spürbar, dass Selbstbestimmung und Teilhabe große Bedeutung im Leben von Menschen mit Demenz haben, so Paweldyk. Mit seinen Bildern wolle er für einen menschlichen Umgang mit den Betroffenen werben, erklärte der Bestseller-Autor selbst seine Motivation und gab seinen Zuhörer*innen einen Rat mit auf den Nachhauseweg: „Lachen hilft meistens, denn schlimm ist es eh schon genug“.

 

Zum Gedenken an Marie

An einem sonnigen Sonntagnachmittag Anfang Oktober ist Marie Brebeck-Stern noch einmal mittendrin. Zur Eröffnung der Ausstellung sind mehrere Dutzend Menschen gekommen und säumen den stillen Schwester-Clara-Weg. Alle blicken nach oben. Zu sehen sind 14 großflächige Fahnen, bedruckt mit Fotografien der Radevormwalder Fotografin Brit vom Stein. Sie hängen in den Bäumen der Allee und wiegen im Wind leicht hin und her.

Vom Stein hatte mit ihrer im vergangenen Jahr verstorbenen Freundin Marie gemalt, sie intensiv mit der Kamera begleitet und Marie mit ihren farbenfrohen Bildern abgelichtet. Die Gemälde veränderten sich mit fortschreitender Demenz, aber es blieb bis kurz vor Maries Tod eine Möglichkeit, etwas miteinander zu tun und darüber einander im Herzen zu begegnen.

„Vertrauen in das Leben“ heißt die Freiluft-Ausstellung, die gemeinsam mit dem Quartiersbüro Tuhuus auf die Beine gestellt wurde. Sie läuft noch bis zum 27. November. „Mir war schon früh klar, dass ich dieses Thema in die Welt bringen möchte“, erzählt die enge Freundin und möchte damit Leuten Mut machen, sich den eigenen Ängsten im Umgang mit Demenz zu stellen. In der Begegnung mit den betroffenen Menschen läge tiefes Glück und eine Herzensverbindung über den Tod hinaus, so vom Stein.

„Als das Bild von Marie bei der Fahnenhängung nach oben gezogen wurde, habe ich deutlich ihre Präsenz gespürt. In dem Moment schienen sich Himmel und Erde zu verbinden.“

Am nächsten Tag sei sie nochmal dagewesen und habe beobachtet, wie kleine Kinder staunend nach oben geschaut und ihre Mütter ihnen die Bedeutung des Ganzen erklärt hätten, berichtet sie. „Dann kam eine junge Frau unvermittelt auf mich zu, ohne zu wissen, wer ich bin und sagte, dass es wunderbar sei, dieses Thema endlich einmal so positiv in der Öffentlichkeit zu sehen. Da wusste ich, wir haben alles richtig gemacht.“

 

Bildrechte: Brit vom Stein, Peter Gaymann, ASB Bergisch Land e.V.

Ansprechpartner*in

Anke Kirchmann-BestgenQuartiersmanagerin

Quartiersbüro Tuhuus in Langerfeld
Odoakerstraße 2
42389 Wuppertal

0202 - 25 48 50 58
kirchmann(at)tuhuus-langerfeld.de

Andrea KnollQuartiersmanagerin

Quartiersbüro Tuhuus in Langerfeld
Odoakerstraße 2
42389 Wuppertal

0202 - 25 48 50 58
knoll(at)tuhuus-langerfeld.de

Ansprechpartner*in