„Direkt nach Holland ans Meer!“

Anneke Blievernicht und das BeWo-Team des Wuppertaler ASB helfen Axel C. dabei, dass er selbstbestimmt leben kann – trotz widriger Umstände.

TeilhabeRV Bergisch Land

Eines ist für ihn sicher: Nicht einmal im Traum würde es dem Wuppertaler Axel C. einfallen, seine schmucke Wohnung aufzugeben. Anneke Blievernicht und das BeWo-Team des  Wuppertaler ASB helfen dem 64-Jährigen dabei, dass er selbstbestimmt weiterleben kann – trotz widriger Umstände.

Ostersonntag 2021: Als der Besitzer des Mietshauses an der Barmer Viktoriastraße längere Zeit kein Lebenszeichen mehr hört, wendet er sich besorgt an Axel C.s Bruder. Der Vermieter und langjährige Freund weiß um die depressiven Zustände, die den früher so lebenslustigen Betonbauer in letzter Zeit immer stärker plagen und ahnt Schlimmes. Gemeinsam verschaffen sie sich Zugang zur Wohnung und finden ihn auf dem Sofa. Dort liegt der Diabetiker schon mehrere Tage und ist bereits mehr tot als lebendig. C. hatte sich aufgegeben. Später wird man im Krankenhaus feststellen, dass der vorher so kräftige Handwerker nur noch knapp 60 Kilogramm wiegt. Aber auch um seine psychische Gesundheit ist es zu diesem Zeitpunkt schlecht bestellt. „Ich hatte keinen Antrieb mehr und wollte einfach nur noch sterben“, blickt C. auf diese schweren Stunden zurück, die paradoxerweise zugleich den Wendepunkt in seinem Leben markieren. „Wie mich die beiden gefunden haben, war der absolute Tiefpunkt erreicht“, so C. Tatsächlich geht es von jetzt an nur noch aufwärts.

Auslöser für den Absturz waren berufliche Sorgen, die dem Freiberufler zusetzten. Bereits vor Corona waren die Möglichkeiten mit dem Aufbau von Messeständen gutes Geld zu verdienen, immer weniger geworden. Irgendwann verlor C. jede Hoffnung. Zwei Monate bleibt er in einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie in Behandlung und bekommt langsam seine Krankheit in den Griff. Die größte Sorge, die den Alleinstehenden plagt, ist seine Wohnung im dritten Stock zu verlieren. Denn von weiteren gesundheitlichen Rückschlägen bleibt er nicht verschont. Als Folge seiner Diabetes-Erkrankung muss ihm ein Fuß abgenommen werden. Aber aufgeben und umziehen kommen für ihn nicht in Frage. Die Ärzte empfehlen ihm, eine Wohnbetreuung in Anspruch zu nehmen und händigen ihm eine Liste mit Dienstleistern aus. Viele davon ruft er vergeblich an. Wirklich helfen wird ihm erst Anneke Blievernicht und der ASB Bergisch Land.

Seit 17 Jahren lebt C. auf 60 Quadratmetern, die er komplett mit seinen eigenen Händen nach seinen Vorstellungen gestaltet hat. „Als mein Kumpel damals das Haus gekauft hat, war es praktisch abrissreif. Zusammen haben wir das Schmuckkästchen daraus gemacht, das es heute ist“, beschreibt C. den Gebäudezustand Anfang des Jahrtausends. Sie entkernen das Haus über Monate erstmal total. Erst dann können sie den Bau neu dämmen, das Dach decken und eine Photovoltaik-Anlage installieren, bevor es mit dem Innenausbau weitergeht. „Meine spätere Wohnung habe ich dann selbst gefliest, Küche und Bad reingebaut und sie komplett selber eingerichtet“, so C. Daran hänge sein Herz und er habe nicht vor, einmal von hier wegzugehen“, erklärt der gebürtige Elberfelder, der als Messebauer überall in Europa gearbeitet und auch schon in Südfrankreich und auf den Kanaren für längere Zeit gelebt hat.

Zwei Stunden Zeit hat Anneke Blievernicht vom Wuppertaler ASB an diesem Augustmorgen für Axel C. – so wie jede Woche. Gemeinsam erarbeiten sie seinen individuellen Hilfeplan, organisieren Behördengänge, Arztbesuche, die Freizeitgestaltung und vieles mehr, damit der Klient wieder seine eigenen Fähigkeiten wiederentdecken und ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen kann. Dass sich beide heute ganz unkompliziert am Tuffi-Denkmal in der Barmer Fußgängerzone treffen können, ein ganzes Stück weit weg von C.s Wohnung, daran ist die Leiterin des BeWo nicht ganz unschuldig. „Vor einigen Monaten wurde dem ASB Bergisch Land aus einem Nachlass ein Elektromobil als Spende angeboten. Ich war schnell und habe das Gerät gleich für Herrn C. reklamiert“ erklärt Blievernicht, wieso ihr Klient nun auf vier Gummireifen und mit sechs km/h seinen eingeschränkten Aktionsradius nun erheblich erweitert hat und spürbar mehr am Leben teilnehmen kann.

Ein gutes Jahr schon dauert die Betreuung und die Fortschritte sind unverkennbar. „Es tut ihm unheimlich gut, einmal in der Woche von uns Unterstützung zu kriegen und mit uns gemeinsam runter in die Stadt zu fahren, um seine Angelegenheiten bei Ärzten, Banken oder Behörden zu regeln. Inzwischen hat sich alles so gut eingespielt, dass Herr C. viele Dinge wieder ganz eigenständig erledigen kann“, so Frau Blievernicht. Und wo es noch nicht funktioniert, da bekommt er Hilfe von einer Alltagsbetreuerin des ASB, die sich um seinen Haushalt kümmert.

„Alles in allem schaue ich dank der großen Unterstützung wieder optimistischer in die Zukunft“, freut sich C., der inzwischen auch wieder selbst ein paar Schritte laufen kann. „Es ist zwar noch ein bisschen mühsam mit den neuen orthopädischen Spezialschuhen, aber ich beiße mich da durch“, ist er sich sicher. Er, der früher ein regelrechter Globetrotter war, hegt auch einen großen Traum, nämlich irgendwann wieder mit einem eigenen Auto selbst zu fahren. „Dann geht es direkt nach Holland ans Meer!“

Ansprechpartner*in

Anneke BlievernichtAmbulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung (BeWo)

Geschäftsstelle Wuppertal
Zur Werther Brücke 10
42275 Wuppertal

0202 2629215
a.blievernicht(at)asb-bergisch-land.de